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Sein eigenes Buch einsprechen – Warum das eine schlechte und richtig gute Idee zugleich ist.

In den vergangen Wochen habe ich etwas gemacht. Klamm heimlich habe ich an etwas gearbeitet und fast niemandem etwas davon erzählt. Ich habe wieder ein Hörbuch aufgenommen.

Wie ihr ja wisst, gab es die Atlantis-SAGA ursprünglich komplett als Hörbücher. Leider aber haben meine Hörbuchproduktionsfirma und ich uns getrennt und in der Folge sind die Hörbücher zu der „Krone“, der „Prinzessin“ und den „Göttern“ wieder aus den Shops verschwunden. Das ganze ist nun schon ein paar Monate her und ich hatte mich ein wenig daran gewöhnt. In meinem Kopf dachte ich mir, dass es vermutlich besser so ist. Ich hatte die Bücher schließlich als Amateurin selbst eingesprochen. Und auch wenn ich nie nicht eine schlechte Rückmeldung zu meiner Sprecher-Leistung bekommen habe (zum Glück eher das Gegenteil), hatte ich mir gedacht: Irgendwann suchst du dir einen professionellen Sprecher und lässt das ganze von Leuten machen, die auch etwas davon verstehen.

Und dann hat sich etwas geändert. Ich habe eine Buchreihe namens „Achtsam Morden“ von Karsten Dusse gehört (großartig im Übrigen!). Während der 1. Band noch von einem Sprecher namens Matthias Matschke eingesprochen wurde, stellte ich zu meiner Verwunderung fest, dass bei Band 2 Autor und Sprecher ein und dieselbe Person sind. „Das Kind in mir will achtsam morden“ wird einfach wunderbar von Karsten Dusse selbst erzählt (Link zum Buch!). Er klingt natürlich anders als Matthias Matschke und er liest vielleicht rein technisch gesehen nicht ganz so gut. Trotzdem bin ich eindeutig zu dem Schluss gekommen, dass ich Band 2 und Band 3 der Reihe einfach noch mehr genossen habe. Ich habe gelacht, mitgefiebert und konnte einfach nicht mehr aufhören zu lauschen, wie der Autor mir seiner eigenen Stimme sein Buch liest.

Das ganze hat mich motiviert, vielleicht doch noch einmal meine Atlantis-SAGA als Hörbücher und mit mir als Sprecherin zu vertonen. Denn mir ist bei Karsten Dusse aufgefallen, mit wie viel Liebe und Freude er seine Bücher eingesprochen hat. Irgendwie habe ich mich seinem Progatonisten (sofern man ihn denn so nennen kann…) doch näher gefühlt als bei Band 1. Denn egal wie gut ein Sprecher auch sein mag: Auch er muss den Text vor ihm interpretieren und gibt damit, ob er will oder nicht, seine Note zu dem Buch, das schließlich bei den Hörern ankommt. Und das konnte ich mir – zumindest bei der Atlantis-SAGA – einfach nicht vorstellen. Diese Figuren und ihre Geschichte sind so für mich wichtig, dass ich eine glasklare Vorstellung davon habe, wie der Text auch klingen soll. Denn kann ein Sprecher wissen, dass Ria zwar frech und gewieft wirkt, aber damit nur zu kaschieren versucht, wie einsam sie eigentlich ist? Kann jemand, der Rider nicht so gut kennt wie ich, den Spagat hinbekommen zwischen dem Mörder und dem Mann, der eine so besondere Rolle in Rias Leben spielt? Nein!, war meine entschiedene Antwort.

Und damit wären wir beim absoluten Hauptproblem des Selbst-Einsprechens als Autorin. Beim Schreiben höre ich eine Stimme in meinem Kopf. Sie gibt meinen Ton, meinen Stil und die Stimmung vor, mit dem ich ein Buch verfasse. Sie ist auch diejenige, die meine Leser hören sollen, wenn sie sich mein Hörbuch herunterladen. Aber die Stimme in meinem Kopf und meine tatsächliche Stimme in Einklang zu bringen ist überhaupt nicht einfach!

Da gibt es manchmal ganz einfache Probleme. So musste ich ja unbedingt einer Figur einen italienischen Akzent verpassen. Ok, den habe ich ein bisschen geübt und hoffe nun inständig, dass ich niemanden mit meiner Version beleidigt habe. Dann sind da noch andere Kleinigkeiten wie Flüstern, sodass man mich immer noch gut verstehen kann. Zu laut schreien sollte ich wohl auch nicht, auch wenn die Figuren es hin und wieder tun. All das klingt einfacher als es ist.

Schwierig wird es aber bei den Dialogen der Hauptfiguren. Ist euch bei guten Hörbüchern aufgefallen, dass man die Figuren gut voneinander unterscheiden kann, wenn sie sprechen? Und trotzdem klingen gute Sprecher nie so als wenn sie ihre Stimmen allzu stark verstellen. Wie ich jetzt weiß, steckt eine ziemliche Kunst dahinter. Es gibt nämlich verschiedene Wege die Figuren unterscheidbar zu machen. Die Stimmlage ist eine davon. Aber auch wie sie sprechen, kann man steuern: Schnell, flapsig, hochnäsig. Bei Rider habe ich mir zum Beispiel immer vorgestellt, ich hätte Bauchschmerzen. Ich klang sofort tierisch genervt und ungeduldig. 🙂 Bei Calla habe ich beim Sprechen immer gelächelt, weil meine Stimme dann sanfter und höher klang.

Am schwierigsten aber war Ria. Sie ist die Figur, in die am allermeisten von mir selbst mit eingeflossen ist. Jetzt könnte man denken, dass ich sie einfach so sprechen sollte, wie ich auch spreche. Aber will ich das? Klinge ich – ich persönlich – überhaupt buchtauglich? Das ist der Moment, in dem mir klar geworden ist, dass ich mich nicht mehr „nur“ als Autorin präsentiere. Diejenigen, die mein Buch haben, hören mich: unmittelbar und unverfälscht. Was, wenn sie mich und mein Buch nicht mögen? Was, wenn sie Ria für arrogant und unnahbar halten, weil es mir doch nicht gelingt, ihre Nuancen rüberzubringen? Ich bin keine Schauspielerin, keine professionelle Sprecherin. Was, wenn ich nicht genüge?

Trotz all dieser Zweifel habe ich mich hingesetzt und die „Krone“ neu vertont. Als ich sie das erste Mal aufgenommen habe, verstand ich noch überhaupt nichts vom Hörbuchsprechen. Mittlerweile habe ich nicht nur mehr Übung, sondern auch eine kleine Aufnahmekabine (Marke: Eigenbau!), bessere Software und eine (jedenfalls im Ansatz vorhandene) Sprechtechnik. Mit all diesem Handwerkszeug habe ich mich aufgemacht und die „Krone von Atlantis“ ein weiteres Mal eingesprochen – in der Hoffnung ein wirklich gutes Hörbuch abzuliefern.

Ich wusste ehrlich nicht, was mich erwartet. Nachdem die ersten Kapitel eingesprochen waren, packte mich Erschöpfung und meine Ängste drohten Überhand zu nehmen. Aber dann geschah etwas Wunderbares: Ich stellte fest, wie gerne ich mein eigenes Buch lese. Ich liebe meine „Atlantis-SAGA“! In diese Geschichte ist mein ganzes Herzblut geflossen. Sie zu lesen, so richtig zu lesen, hat mir unheimlich viel Freude gemacht. Ich durfte noch einmal mit Ria in Hamburg den Anhänger stehlen, mit Rider nach Kreta fahren und Percy nah sein, als er die ganze Wahrheit erfährt. Niemals sonst nach Abschluss des Manuskripts bin ich so sehr in die Geschichte eingetaucht wie beim Einlesen.

Und das ist der Grund, warum ich meine Bücher weiter selbst einsprechen und bald auch wieder veröffentlichen werde. Für „Blutschuld“ habe ich schon einen Plan. Und für die Atlantis-SAGA schon die Bestätigung bekommen, dass die Bücher ausgeliefert sind (Sobald es soweit ist, sage ich hier bescheid!). Nicht nur, weil es mir eine unglaubliche Freude macht, sondern weil ich inständig hoffe, dass irgendwie über die Kopfhörer, Autolautsprecher oder Bluetoothboxen rüberkommt, wie viel mir diese Geschichten bedeuten. Ganz vielleicht geht es meinen Hörern ja wie mir. Viel Spaß beim Hören!

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